Bülent Rauf

Unterwegs in der Einheit des Seins

Gesammelte Schriften

 

Wie können wir auf der Suche nach Selbsterkenntnis das Einssein verwirklichen und uns der Einheit des Seins bewusst werden, wie sie insbesondere vom andalusischen Sufi Muhyiddin Ibn Arabi gelehrt wurde?

Der türkische Mystiker Bülent Rauf (1911–1987), vielen Lesern bislang bekannt als die eindrückliche Figur »Hamid« aus dem autobiografischen Roman Die letzte Schranke von Reshad Feild, widmete Jahrzehnte seines Lebens der theoretischen Auslegung und praktischen Vermittlung dieses Wissens.

Die von ihm 1975 gegründete Beshara-Schule [/] für intensive spirituelle Erziehung in Schottland haben seither Hunderte von Menschen aus aller Welt besucht, um durch gemeinsames Studium und ganzheitliche Zusammenarbeit auf diesem formlosen, nicht religionsgebundenen Erkenntnisweg voranzukommen. Seine hier zum ersten Mal auf Deutsch vorliegenden Schriften versammeln erhellende Studientexte zu Grundfragen des Sufismus ebenso wie Interviews und Artikel rund um die Themen gelebte Spiritualität und Selbstvervollkommnung.

Weitere autobiografische, historische und kulinarische Texte entführen uns in Bülent Raufs Jugendjahre in Istanbul und Ägypten kurz vor dem Untergang des Osmanischen Reiches, in die Blütezeit des Sufismus in Indien sowie in die türkische Küche, deren Geheimnisse dieser weise Gelehrte, der auch ein begnadeter Koch war, kenntnisreich und unterhaltsam zu schildern versteht.

 

Zitate aus dem Buch

»Was ist der eine wichtigste Punkt, der von einer Person verstanden werden muss, die wissen will? Es ist so, dass es nur ein einzigartiges, absolutes, unendliches Dasein gibt. Dies muss mehr sein als eine Idee. Man muss sich dessen so vollständig gewiss sein, dass man es sich durch Vernunft und un­mittelbare Erkenntnis zu eigen macht als die grundlegende, unerschütterliche Tatsache des eigenen Daseins.«

»Worauf wir aus sind, ist das Einssein mit dem Absoluten, das kein niederes Selbst, keine niedere Natur hat. Und daher wollen wir nicht das Trennende betonen, sondern das Vereinende, nicht unsere Mängel unseres relativen Zu­stands hervorheben, sondern unsere po­sitiven Eigenschaften verstärken, die unsere einzig wahre Bestimmung sind, sodass wir Tag für Tag unser Bewusst­sein Seiner mehren, Der in unserem Herzen wohnen wird, in welches das Absolute tatsächlich hineinpasst.«

 

Aus dem Vorwort

Zwar war Bülent Rauf aufgrund seiner familiären Abstammung sowie persönlicher geistiger Beziehungen mit großen Sufis, allen voran Muhyiddin Ibn Arabi und Dschalal ad-Din Rumi, auf besonders enge Weise verbunden, doch ist von ihm nicht bekannt, dass er einer formalisierten, äußerlich »sichtbaren« Sufi-Linie angehört hätte. Seine geistig-spirituelle Herkunft – seine silsila, seine »goldene Kette« der Übertragung, wenn man hier den im Sufismus gebräuchlichen Fachbegriff verwenden will – skizziert er in einem Brief an Reshad Feild vom 4. Juli 1973 folgendermaßen:

Wir beginnen bei Uwais al-Qarani, Abd al-Qadir al-Dschilani und Muhyiddin Ibn Arabi und gelangen mit Hilfe von Chidr zu Rumi, der von der Linie der Universalen Heiligkeit ist, deren Prototyp Jesus darstellt – wobei ich mit den Worten ›von der Linie‹ so viel meine wie ›gleich ausgerichtet‹ oder ›in Einklang‹ oder ›von vergleichbarem Potenzial‹ wie jene Heiligen, die Repräsentanten der Emanation sind, die als ›Universale Heiligkeit‹ definiert wird.*

* Anmerkung des Herausgebers: Uwais al-Qarani [/] ist der islamische Mystiker aus dem siebten Jahrhundert, der als »erster« Sufi gilt und vom Propheten Mohammed dessen zweiten Mantel (als Ausdruck der inneren, spirituellen Nachfolge) geerbt haben soll. Im späteren Sufismus wird Abd al-Qadir al-Dschilani [/] (1077–1166) auch als »Pol der Macht«, Muhyiddin Ibn Arabi (1165–1240) als »Pol des Wissens« und Dschalal ad-Din Rumi (1207–1273) als »Pol der Liebe« bezeichnet. Chidr [/] ist eine mythische Gestalt, die möglicherweise auf vorabrahamitische Wurzeln zurückgeht und in vielen spirituellen Traditionen verehrt wird; sie weist Parallelen auf zur zoroastrischen Gottheit Sorush, zur Gestalt von Elias im Judentum und zum heiligen Georg in der christlichen Tradition, wird im Islam als »Führer von Moses« und als »Lehrer der Sufis« verstanden und taucht im keltischen Kulturkreis als »grüner Mann« auf.

Dass sich Bülent Rauf keinem Dogma verpflichtet fühlte, ja religiösen Formalismus gar als Hindernis auf dem Weg der Selbsterkenntnis betrachtete, zeigt sich in den folgenden Worten, mit denen ihn Reshad Feild in seinem Buch Die letzte Schranke zitiert:

Wir haben nichts zu tun mit Religion oder Form. Wir sind verbunden mit der inneren Bedeutung, dem inneren Strom der Wahrheit, die aller Religion zugrunde liegt. Unser Weg ist nichts für jene, die über die äußere Form nicht hinauskommen. Er ist für die, die geradewegs zur Essenz gelangen wollen.

Wer dies verstanden hat und sich aufmacht, diesem namenlosen Pfad der Erkenntnis zu folgen, gehört zu jenen, die Bülent Rauf schlicht und ergreifend »die Menschen des Weges« nannte.

 

Leseprobe

Weitere Ausschnitte aus dem Buch finden Sie hier: »Über das Einssein«

ISBN 978.3.942914.239
Broschur | 216 Seiten | 24 Euro

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