Ladislaus Boros

Kürzere Schriften

Gesamtausgabe Band 9

Band 9 der elfbändigen Gesamtausgabe enthält die sieben folgenden Titel des Theologen und Philosophen Ladislaus Boros: In der Versuchung: Meditationen über den Weg zur Vollendung, Der nahe Gott, Durchbruch zu Gott: Ein Kreuzweg (Mit 15 Bildern von Eva-Maria Brückner von Eiff [/]), Gottesbild und Glaube: Zwei Meditationen, Weihnachtsmeditationen, Sinn der Weihnacht und das Kinderbuch Das Buch von unserem Herrn Jesus (mit 49 Bildern von Marlene Reidel [/]).

»Unser Alltag ist ein Gewirr von Eindrücken, Forderungen, Gedanken und Pflichten. Wir sind ständig in Gefahr, die Einheit unseres Lebens zu verlieren. Wir leben fern von uns selbst und fern von Gott. Es ist schwer, denken zu können und zu müssen, dass wir einen Gott haben, Den wir im Gebet anreden dürfen. Das Verhängnisvollste wäre, dem Menschen von heute Bahnen der Frömmigkeitsübung vorzuschreiben. Unruhe, Frage und Zweifel sind seine geistige Heimat. Dort müssen wir ihn aufsuchen. Es ist schon viel, wenn der Mensch heute noch schweigen, wenn er Sehnsucht, Verlangen nach Ehrlichkeit und Nähe zum Tod erfahren kann. In solchen wesentlichen Erfahrungen wird er ›seinen‹ Gott finden. Er soll deshalb zunächst die Grunderlebnisse seiner Existenz ›vorkommen lassen‹, sie betroffen und betend aushalten. Dann kann aus seinen endlichen und oft bedrückenden Erfahrun­gen ein ursprüngliches Wissen um Gott hervortreten.«

»Wir müssen vor allem wieder lernen, mit der menschlichen Sehnsucht umzugehen. Über die Sehnsucht des Herzens kann man keine gelehrten Abhandlungen schreiben. Denn in ihr, wie auch in jeder echt erlebten und nachvollzogenen Regung der Existenz, ist uns das Geheimnis menschlichen Wesens, Gott, nahe – ob wir Seinen Namen kennen oder nicht. Dass aber die Urerfahrungen des Lebens so sehr durch den Betrieb unseres Daseins verdrängt wurden, ist unsere größte Not. Der heutige Mensch muss neu erleben, was Wagnis, Selbsthingabe, Freude und Versagen bedeuten. Darin wird er in seiner Existenz eine Grenze entdecken, an der sein eigenes Selbst aufhört und das absolute Geheimnis beginnt.«

Leseprobe

Sinn der Weihnacht: der junge Gott

Aus Durchbruch zu Gott: Ein Kreuzweg

Christus wird seiner Kleider beraubt. Gott wird enthüllt. Was bedeutet das? Gott: Der Name steht für das Unfassbare. Gott ist gerade Jener, Der Sich nicht aus dem Seinsstoff der Welt zusammensetzen lässt. Vor Ihm versagt jegliches Denken und jedes Sprechen. Gott wird: Er ist Derjenige, Der über jede Wandlung unendlich erhaben ist. Dieser Begriff von Gott ist schön und mächtig, aber auch grundsätzlich falsch.

Der Gott der Offen­ba­rung kommt und geht, Er bereitet Seine Ankunft vor, geht von uns weg, reißt Sich von uns los. Wenn schon unser menschliches Denken am Begriff »Gott« zerbricht, so steht der Mensch vor einem werdenden Gott fassungslos. Diese Fassungslosigkeit steigert sich noch mehr: Gott wird enthüllt. Die Begegnung mit Gott ist leidvoll.

Bereits Hiob (7.19) klagte: »Wie lange schaust Du nicht mehr von mir weg, gönnst mir nicht die Ruh, um den Speichel zu schlucken.« Nun zerbricht Gott selbst diese Erfahrung. Ein Mensch steht vor uns zitternd in Todesangst. Er bedroht niemanden. In seinem Leben stand er unbedingt zu uns, sodass der Apos­tel, zutiefst erschüttert, ausrufen konnte: »Selbst wenn wir untreu sind, er bleibt treu, denn er kann sich nicht verleugnen« (2 Tim 2.13).

Von nun an können wir nichts Menschliches denken, außer der Sünde, das nicht auf Gott anwendbar wäre. Christus vereinigte in sich alle Schönheiten der Erde. Nun aber steht vor uns ein Mensch: Geschlagen, zerstört, geängstigt. Ist das der »Glanz der Schöpfung«? Wir müssen wohl sagen: Ja. Denn er hat wirklich alles dahingeschenkt.

Aus dem Vorwort zu Das Buch von unserem Herrn Jesus

Als der Textautor des vorliegenden Buches die Bilder von Marlene Reidel sah, war er beeindruckt von ihrer Ausdruckskraft. Nach einigem Zögern hat er zugesagt, den Text zu schreiben. Er musste sich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: Das Leben Jesu nachzuerzählen, oder eine »Theologie für Kinder« zu entwerfen. Schließlich ist ein Kompromiss entstanden.

Einerseits war es notwendig, den Kindern die Gestalt Jesu nahezubringen. Tausendfach sind Worte, Parabeln und Handlungen Jesu beredet worden, sodass man oft das eigentliche Wesen Jesu nicht mehr leuchten sieht. Unsere Kenntnis von Jesus ist weitgehend zur Schablone geworden, unlebendig und starr. Jesus ist zu einem Klischee geworden, das nur wenig mit jener Gestalt zu tun hat, die uns die neutestamentlichen Quellen schildern. In diesem Buch sollte das Unechte und Verniedlichende weggelassen werden, bis der Leser fühlt, wie beunruhigend und geheimnisvoll das Dasein Jesu im Grunde war.

Andererseits war es auch wichtig, eine Theologie für Kinder zu entwickeln. Die Kinder haben ein ausgeprägtes Gespür für das Echte und Menschliche. Besonders sie haben die Fähigkeit, Ge­heimnisse zu erahnen. Jesus hat uns befreit; er hat uns Freude gebracht; er war der »Anführer des Lebens«. Er war vor allem darin groß, dass er in alle Beengung des Lebens einging. Jesus, der in seiner oft bedrückenden Müdigkeit immer noch ein gutes Wort für seine Freunde fand, war wirklich ein »Gott für die Menschen«.

Es war nicht leicht, eine theologische Sprache für Kinder zwischen fünf und zehn Jahren zu finden. Dabei lag dem Textautor bereits eine Auswahl an Bildmaterial vor. Nicht alle Bibelstellen von Bedeutung sind in diesem Buch enthalten. Wohl aber solche, die uns erlauben, die Gestalt Jesu nachzuzeichnen. Die entsprechenden neutestamentlichen Stellen haben wir angegeben, damit es den Erwachsenen möglich sei, sie nachzulesen und den vorliegenden Text zu ergänzen.

In dieser Schrift wurde ein Jesusbild entworfen, das den Kin­dern Perspektiven der Hoffnung und der Freundschaft mit Jesus öffnen soll. Wenn das gelungen ist, hat sich das Ziel dieses Buches erfüllt.